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Autorenbildandrea_temme

Umgang mit Komplexität

Nicht Erfolg steuern wollen, sondern das beeinflussen, was Erfolg bewirkt! 


Teil 4: Wer kennt das nicht, dass eine Entscheidung Überraschungen und Nebenwirkungen mit sich bringt, die vorher so nicht ersichtlich waren? Kurzfristige Reaktionen auf Ereignisse verpuffen, ohne die gewünschte nachhaltige Veränderung zu bewirken? Komplexe Systeme lassen sich nicht steuern, sie bringen immer ein gewisses Maß an Unwissenheit mit sich.



Wir reagieren auf Ereignisse

Laufen die Kosten aus dem Ruder, starten wir ein Kostensenkungsprogramm und optimieren die Prozesse. Ist das Betriebsklima schlecht, machen wir eine Mitarbeiterbefragung und starten ein darauf gestütztes Motivationsprogramm. Auch Teambuildingmaßnahmen sind in einer solchen Situation beliebt, um das Miteinander zu verbessern. Registrieren wir eine Zunahme von Reklamationen, starten wir ein Aktionsprogramm zur Kundenzufriedenheit. Die Beispiele sind beliebig. Entscheider in Unternehmen sind immer wieder gefordert «Feuer» zu löschen.

Und mit welchem Erfolg? Laut unwidersprochenen Studien scheitern 2/3 der großen Umstrukturierungs-, Kostensenkungs-, Fusions- und andere Projekte. Woran liegt das?


Unternehmen, ein komplexes System

Ein Unternehmen ist ein lebendiges System mit mehreren Elementen, die miteinander in direkter und indirekter Wechselwirkung stehen und den Einflüssen des Umfelds unterliegen.

Punktuelles Eingreifen, um die Symptome zu bekämpfen und möglichst schnell für Linderung zu sorgen ist gängige Praxis. Leider werden dabei oft die systemischen Wirkungen übersehen. So kommt es immer wieder zu einem aufschaukeln von Effekten und teils unangenehmen Folgen, mit denen man nicht gerechnet hat.


Nichts ist so beständig wie der Wandel

Die `VUCA´-Welt fordert Unternehmen in besonderer Weise. Nicht nur, dass es im Unternehmen als lebendiges System fortlaufende Veränderungen gibt, darüber hinaus muss man auch ständig auf Veränderungen und Einflüsse von Außen reagieren. Da die bisherigen Methoden des Managements in diesem Kontext schnell an Grenzen stoßen, brauchen wir andere Kompetenzen und neue Herangehensweisen.  


Lineares versus vernetztes Denken

Von klein auf werden wir in linearem Denken, in sogenannten Ursache-Wirkungsketten geschult und trainiert. Dabei gilt die Grundannahme, dass es sich um eine Verkettung von Ursachen und Wirkungen handelt, wobei Ursachen den Wirkungen vorausgehen und Wirkungen ihrerseits wieder Ursachen für neue Wirkungen sind. Diese Denkhaltung setzt eine direkte Beziehung zwischen Ursache und Wirkung voraus, eine unmittelbare Reaktion.

Der Nachteil dieses Modells ist, dass viele Folgen einer Entscheidung hierbei nicht oder nur unzureichend bedacht werden. Gerade im unternehmerischen Kontext ist daher das systemische, vernetzte Denken besser geeignet. Denn es berücksichtigt eine hohe Dynamik und vielfältige Wechselwirkungen zwischen den Elementen eines Systems. Systemisch zu denken ermöglicht die weitreichenden Folgen einer Entscheidung systematisch im Voraus zu reflektieren.


Unser Umgang mit Komplexität

Dietrich Dörner hat diese Thematik in seinem Buch „Die Logik des Misslingens“ eingehend behandelt. Falsche Zielbeschreibung, unvernetzte Datenanalyse, Unfähigkeit im Umgang mit exponentiellen Abläufen und Expertenhörigkeit (Engwinkelsyndrom, Tödliche Folge von Routinen, Selbstüberschätzung, autoritäres Verhalten, Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften bleiben ohne Folgen) sind einige seiner Erkenntnisse. Fazit ist: Wir können nicht mit komplexen Geschehnissen umgehen. Weil das fast nirgendwo gelehrt wird, aber auch, weil wir uns nicht die Mühe machen und die Zeit investieren wollen, um zu lernen, wie man komplexe Geschehnisse meistern kann. Zudem gibt es Einige, die uns weismachen wollen, dass Komplexität kompliziert sei, man wissenschaftliche Werke studieren müsse und schwierige Methoden oder gar teure Software benötigt. Also packen wir es garnicht erst an.

Dabei ist die Komplexität unseres beruflichen Alltags durchaus zu meistern. Mit Strategie, einer anderen Denkhaltung und adäquaten Instrumenten. Zentrales Element dabei ist das Erkennen derjenigen Faktoren, die das beeinflussen, was wir verändern wollen (z.B. die Kosten). Im Anschluss können wir unsere Energien / Ressourcen darauf konzentriert und gebündelt einsetzen. Wir steuern also nicht den Erfolg direkt, sondern beeinflussen das, was Erfolg bewirkt.


Komplex oder Kompliziert?  

Kompliziertheit ist relativ, abhängig vom individuellen Maß an Unwissenheit und mit ausreichendem Wissen beherrsch- und vorhersehbar. Komplizierte Systeme sind beherrschbar, weil man alle Parameter und die Regeln kennt.

Komplexe Systeme hingegen haben mehr Elemente, als man auf Anhieb erkennen kann. Dabei sind diese untereinander vernetzt und die Regeln, nach denen sie agieren und reagieren, sich gegenseitig mittelbar oder unmittelbar beeinflussen, unbekannt. Eingriffe unterliegen einer gewissen Eigendynamik, sind oft irreversibel und bringen teils unerwartete Nebenwirkungen und Spätfolgen mit sich. 


Komplexität im unternehmerischen Kontext

Im unternehmerischen Alltag brauchen wir meist schnelle Lösungen, sind trainiert sofort eine Antwort auf der operativen Ebene zu finden, keine Zeit zu verlieren, denn Zögern oder zu langes Überlegen wird allzu schnell als Unsicherheit und Schwäche gedeutet. Unsere menschliche Wahrnehmung ist jedoch begrenzt. Und so sind wir es gewohnt, tiefer einzusteigen und uns mehr Informationen zu beschaffen, um eine Situation bewerten zu können. Im Umgang mit Komplexität gilt aber das Gegenteil. Statt ausführlicher Detailanalysen, einem `näher ran´ und dem Drang nach mehr Informationen, gilt ein `weiter weg´ mit dem ganzheitlichen Blick von Oben. (Frederic Vester).

Strategische Entscheidungen zeichnen sich dadurch aus, dass sich ihre Wirkung erst in der Zukunft zeigt und man sie, wenn sie sich als Fehler herausstellen, nicht bzw. nur mit unvertretbar hohem Aufwand umkehren kann. Daher gilt bei wichtigen Entscheidungen die Empfehlung: Zunächst einmal raus aus dem Geschehen in die Vogelperspektive, um sich von dort ein Bild der Situation zu verschaffen. Auf diese Weise kann man Eingriffe und deren Auswirkungen im System simulieren und absichern.

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