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Autorenbildandrea_temme

Benchmarking gefährdet die Existenz

Der brancheninterne Vergleich bewirkt Gleichmacherei und macht blind für Frühwarnsignale

Teil 3: Benchmarking und Best Practice können im Rahmen der Strategieentwicklung existenzgefährdende Risiken mit sich bringen. „Wer seine Branche kennt, ist klar im Vorteil“ - Wer sich als Unternehmer hierauf verlässt, um damit das Überleben des Unternehmens für die Zukunft zu sichern, wähnt sich in trügerischer Sicherheit. Dieser Denkfehler verleitet, denn gerade Branchenkenntnis und der brancheninterne Vergleich führen zu enormen Risiken.




Brancheninterner Vergleich und Best Practice

In Teil 2 der Serie ging es darum, dass die IST-Daten zur Standortbestimmung unabdingbar sind, sich aber nicht für die Navigation und Steuerung eignen. Geradezu existenzgefährdend sind jedoch zwei weitere Vorgehensweisen, die bei ausbleibendem Erfolg oder im Rahmen der Strategieentwicklung mit Vorliebe herangezogen werden. Benchmarking und Best Practice. Benchmarking bedeutet, dass die eigene Performance an der Leistung der Mitbewerber gemessen und ins Verhältnis gesetzt wird. Der Best Practice Ansatz geht noch weiter. Hier werden die eigenen Leistungen (Prozesse, Produkte, Dienstleistungen) mit den Besten der Branche verglichen und deren erfolgreiche Ansätze übernommen. In beiden Fällen gilt die brancheninterne Konkurrenz als Vergleichsmaßstab. Nicht, dass die Methoden per se schlecht wären. Die Ergebnisse sagen aber lediglich aus, wie gut das Unternehmen im Vergleich zu den IST-Konkurrenten dasteht.

Orientierung am Status Quo

Die auf diese Weise vorgenommene Orientierung am Status Quo, nämlich an den Ergebnissen der Vergangenheit ist irreführend. Denn diese Maßnahmen sind die Ursache für den aktuellen Erfolg dieser Unternehmen, sie wurden also bereits in der Vergangenheit umgesetzt. Auf diese Weise ist ein Erreichen bzw. Einholen unmöglich, da sich auch die Mitbewerber zwischenzeitlich weiterentwickeln. Damit ist man immer einen Schritt zu langsam und rennt lediglich hinterher.


Tendenz zu Gleichmacherei

Der Vergleich innerhalb der Branche und das Nachahmen erfolgreicher Konzepte führt in der Konsequenz zu immer mehr Ähnlichkeit, steigender Vergleichbarkeit und daraus resultierend der Austauschbarkeit. Wenn man die gleichen Dinge tut, wie alle anderen auch, führt dies maximal zu Mittelmaß. In der Folge entstehen auch nur durchschnittliche Erfolge, bei gleichzeitig steigendem Preis- und Wettbewerbsdruck. Um in einem dicht umkämpften Markt wahrgenommen zu werden, müssen Unternehmen jedoch auffallen. Dieses Herausstechen aus der Masse ist nur durch Differenzierung möglich. 


Substitution kommt von Außen

Es gibt aber noch ein weiteres, viel gravierenderes Risiko. Denn die Subsitutionsgefahr durch Neulinge, die noch garnicht zur Branche gehören oder derzeit noch so unscheinbar sind, dass man sie nicht beachtet, wird unter Anwendung dieser Methoden nicht gesehen. So laufen ganze Branchen blindlings vor die Mauer.

Die Substitution der Schallplatte durch CD und MP3 liess die gesamte europäische, vor allem deutsche HIFI Industrie vor die Hunde gehen. Die deutsche Uhrenindustrie unterschätzte die Chancen quarzgesteuerter Uhren und musste dies teuer bezahlen. Traditionelle Banken haben das Geschäft mit lukrativen Finanzierungen an Privat Equity verloren. Ein Großteil der deutschen Autoindustrie verschließt derzeit noch die Augen davor, dass sich das Verhalten der Menschen in Bezug auf Mobilität zukünftig nachhaltig verändern könnte. Die Liste wäre noch lange fortzusetzen. Eines geht jedoch klar hervor: Innovation kann aus der eigenen Branche kommen, disruptive Veränderungund und damit Subsitution kommt immer von Außen. Substitutionsgefahren erkennt man daher nicht durch klassisches Benchmarking, sondern vielmehr durch eine ganzheitliche Betrachtung, die über den eigenen Markt hinaus geht.


Zukunftssicherung gewährleisten

Um Zukunftssicherung zu gewährleisten, sollte man sich nicht mit Unternehmen der gleichen Branche vergleichen, sondern mit Unternehmen, die ihren Kunden einen vergleichbaren Nutzen bieten. Um diese Betriebs- bzw. Branchenblindheit zu überwinden, braucht es andere Daten und Instrumente.

Wolfgang Mewes hat mit seiner Mewes-Strategie den Vorstoß gewagt. Die sogenannte Spannungsbilanz verwendet Daten, die eine Gefährdung der eigenen Erfolge aufzeigen, lange bevor sich diese in der betriebswirtschaftlichen Bilanz oder GuV niederschlagen. 


Um neue Antworten zu bekommen, sollten wir andere Fragen stellen als bisher. Strategisches Denken heißt „Denken in Alternativen“. Bei komplexen Geschehnissen empfiehlt sich der Blick von Oben. Die sogenannte Vogelperspektive hilft, genau diese Alternativen rechtzeitig zu erkennen.


Es folgt Teil 4 – Umgang mit Komplexität


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